Gastkommentar von Werner Kurzlechner: Herzblut
Eine beherzte Rumpeltruppe kämpft leidenschaftlich gegen ein kaltes, erfolgsorientiertes Ensemble. Sympathische Typen fechten gegen einen Kader an, der nüchternstem Kalkül folgt.
Herzblut führt
gegen Hirn – 539 zu 497 für die Sozialromantik.
Kalle liegt vorn nach der Hinrunde, ich liege auf Platz zwei. Und blase zum Angriff.
Gewiss kann noch viel passieren in der
Ersten Liga von Gauloises. Vielleicht ist am Ende ein Dritter an uns vorbei gezogen und wir schauen doof aus der Wäsche. Bisher aber war es fast durchweg ein Zweikampf zwischen uns – und wie es die Umstände wollten, saß ich tatsächlich öfters mit
Kalle in der Kneipe und diskutierte über das
Managerspiel. Und diese Diskussionen stimmten durchaus nachdenklich. Den
Ernst für ein paar Millionen holen könne ja jeder, so mein Rivale. Und er führte ins Feld, wie er konsequent seinen Lieblingen die Treue hält über Jahre.
Ricken und
Neuville und trotzdem vorn.
Fabian Ernst, mehrmals notenbester Feldspieler des kicker, ein Schatten seiner selbst, ausgestochen von einem unbekannten Schnäppchen, das Norweger ist und trotzdem
El Fakiri heißt und auch noch für Gladbach spielt. O.k., einen unbekannten und leicht erschwinglichen
El Fakiri holen kann auch jeder. Aber eines stimmt wohl, in Sachen Identifikation kann ich dem
Kalle nicht das Wasser reichen. Drum fliegt bei mir auch leichten Herzens
Podolski raus, weil ich der kölschen Prinz Poldi-Verehrung tatsächlich abhold bin und den Kerl nur kaufte, weil ich auf Tore spekulierte, die er nicht gemacht hat. Kein Herzblut in meiner Truppe? Da kommste schon ins Grübeln!
Ein Körnchen Wahrheit ist dabei – und es verrät, dass mir die Identifikation mit meinem Verein in den letzten Jahren nicht einfach gemacht wurde.
Stein, Bein, Yeboah – das wären einst feste Größen bei mir gewesen, um die ich ein Team geformt hätte. Später wären
Houbtchev oder
Fjörtoft drin gewesen, egal ob Punktegaranten oder nicht. Dann gab es leider wirklich eine Zeit, in der mir kaum ein Eintracht-Spieler eingefallen wäre, den ich guten Gewissens hätte in meine Mannschaft nehmen können. Aber hier geht´s aufwärts, ein
Alex Meier bringt mein Blut immer mehr auf angenehme Temperaturen – und vielleicht wächst da über die Jahre eine Identifikationsfigur heran.
Einen
Ernst kann jeder holen? Freilich. Nur dass ich ihn seit Jahren zu meinen Lieblingsspielern zähle. Ein intelligenter Spieler, der abseits des Feldes genauso wirkt, der auf seiner Position für deutsche Verhältnisse ein filigraner Techniker ist – und damit ein echter Fortschritt. Ich habe übrigens kein Problem damit, Schalke-Spieler in meinen Reihen zu haben, nur weil es gerade en vogue ist, auf Schalke zu schimpfen, nur weil Schalke Geld für viel versprechende Spieler ausgibt. Konsequenterweise hätte ich
Podolski durch
Kuranyi ersetzen müssen, aber das Verbot mein Kalkül.
Roy Makaay ist übrigens bis auf die Tatsache, dass er für den FC Bayern spielt, ein recht sympathischer Zeitgenosse in meinen Augen, der gut in mein Team passt – in dem
Podolski eh irgendwie störte. Es stimmt schon, der Rest meiner Truppe ist recht leidenschaftslos zusammengestellt. Ich habe eine Weile überlegt, das jetzt in die andere Richtung zu korrigieren. Dann hätte ich
Martin Demichelis geholt, den ich vor Jahren schon einmal hatte und den ich tatsächlich ganz gern mag. Und
Ioannis Amanatidis, um noch mehr mit der Eintracht fiebern zu können, ohne mich dem Verdacht auszusetzen, auf einen fahrenden
Copado-Zug aufzuspringen. Und wirklich habe ich einen Moment überlegt,
Benny Lauth zu holen, um mich hinterher im Lichte seiner Auferstehung sonnen zu können. Letztlich habe ich mich anders entschieden – und meinen Kader kühl kalkulierend verstärkt. Damit
Kalle am Ende Zweiter und „Meister der Herzen“ wird und allen meinen Rivalen das Blut in den Adern gefriert.
Autor Werner Kurzlechner ist erstmals in der gallischen Bundesliga des kicker-Managerspiels. Er hat im vergangenen Jahr souverän die 2. Liga gewonnen und galt schon im Vorfeld dieser Saison als Geheimfavorit.