
24. April 1994: Ein junger Bursche mit Kurt-Cobain-Frisur, weißem T-Shirt, in Shorts und Tennisschuhen, steht mitten auf dem Emmertinger Fußballplatz. Der Name
Calimero, mit schwarzem Edding geschrieben, prangt auf der Rückseite seines Leibchens. Und wie es sich für Calimero gehört, trägt er eine Kopfbedeckung. Zwar keine Eierschale, dafür aber ein schwarzes
Wayne´s-World-Cap verkehrt herum, das ihm die Haare aus dem Gesicht hält. Zum ersten Mal spielt er in einer Mannschaft Fußball. Zum allerersten Mal heißt es für ihn passen, schießen, flanken in einem Spiel Elf gegen Elf.
Es gelingt ihm nicht viel, aber das ist nicht verwunderlich, schließlich hat er mit dem Fußball nicht viel am Hut. Dennoch fällt er in dieser Partie auf. Zum einen, weil er nach etwa zehn Spielminuten unglücklich steht und einen Schuss so abfälscht, dass er zum
allerersten Gegentor des Emmertinger Hobbyteams führt. Zum anderen, weil er vor jedem
Kopfball das Cap in die Hand nimmt, köpft, und es gleich wieder aufsetzt. Gestatten: Das ist
Kalle.
In der Abwehr eine BankDamals war nicht vorherzusehen, welche fußballerische Entwicklung der Bursche mit der Kurt-Cobain-Frisur machen würde. In den 14 Jahren, in den er zunächst seine Tennisschuhe, später aber dann doch Schleich schnürte, hat er sich zu einem Leistungsträger des Teams gemausert. Zu einer Bank in der Abwehr, zu einem der stärksten, wenn nicht gar zum
stärksten Verteidiger von
Gauloises Emmerting. Er entwickelte ein
gutes Auge für Spielsituationen, eignete sich ein
hervorragendes Stellungsspiel an und bekam ein Gefühl für das
richtige Timing, wann er beim Kopfball hochzusteigen hat oder wann er seinem Gegenspieler im Zweikampf den Ball abluchsen kann. Genau so ist er, der Fußballer
Kalle.
27. Januar 2006, Turnhalle Altötting: An der Bande zur Zuschauertribüne kommt es zu einem Duell, das ungleicher nicht sein kann.
Michael Kostner, von 1987 bis 1998 Profifußballer bei Eintracht Frankfurt, 1. FC Saarbrücken, HSV und 1. FC Köln, trifft im Zweikampf auf
Kalle. Der Erfahrung von 105 Bundesliga-Spielen (5 Tore) steht
keine einzige Sekunde Vereinsfußball gegenüber. Kostner, korpulenter als früher, aber noch genauso trickreich, schlägt mehrere Haken, kann jedoch seinen Gegenspieler nicht abschütteln. Er versucht den gallischen Verteidiger zu tunneln, doch dieser ahnt die Finte, schließt die Beine und gewinnt den Ball. Ällerbätsch Herr Kostner, das ist
Kalle!
Fairer Sportler
Sein Einsatzwille war stets vorbildlich. Ein Spiel oder ein Turnier hat
Kalle nur sausen lassen, wenn er wirklich verletzt war. Von einer Krankheit ließ er sich nicht stoppen. Da wurde schon mal grippegeschwächt aufgelaufen, mit Medikamenten intus und einem
Schal um den Hals. Nie getragen hat er dagegen
Schienbeinschoner. Das liegt an seiner Philosophie. Er ist ein fairer Sportler und foult nie absichtlich. Und genau das Gleiche erwartet er von seinen Gegenspielern. Darum braucht es keinen Schutz für die Beine. Auch das ist der Fußballer
Kalle.
14 Jahre lang spielte ich an seiner Seite – mal links, mal rechts von ihm. Unzählige Male schob ich ihm den Ball quer rüber. Ein
banales Anspiel, aber für mich mit tiefgreifender Bedeutung, wie ich seit der Reha nach meinen Knieoperationen weiß. Denn in den Momenten, in denen die Hoffnungen auf ein Comeback schwanden, weil ich gerade mal wieder mit Rückschlägen auf dem Fahrrad oder dem Laufband zu kämpfen hatte, sah ich häufig das Bild eines dieser Anspiele auf
Kalle vor meinem geistigen Auge. Warum weiß ich nicht. Aber es hat mich immer wieder neu motiviert, weiter zu trainieren. Für mich ist
Kalle also auch Motivator. - Toss -
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Kalle hängt die Schuhe an den Nagel